(English verison below)
Verfeinerte Informationen und versteinerte Politik
Die Nachrichten ...
Ein unendlicher Fluss von politischen Informationen konfrontiert uns täglich.
Wir Durchschnittsbürger der sogenannten entwickelten Welt lernen
damit umzugehen und entwickeln Abwehrmechanismen, die es erlauben, Berichte
von Katastrophen oder Kriegen anderer relativ neutral, also ohne Konsequenzen
für uns, aufzunehmen. Wenn jedoch direkte Interessen unserer Wirtschaftsordnung
betroffen sind oder es sich um Länder handelt, die uns aus diversen
Gründen näher stehen, dann schwindet die Abstraktion von Informationen
und wir sind persönlich berührt. Die Verschiebungen von Bevölkerungsprofilen
in allen Metropolen der Welt im Zusammenhang mit der massiven Globalisierung
von Märkten, Kapital und Arbeit machen es immer schwerer, das Hier
und Dort und das Wir und Sie klar
zu trennen. So wie die Informationen sekundenschnell via elektronische
Medien verbreitet werden, so scheint uns alles auch de facto verstärkt
zu betreffen.
Zum Beispiel Irak ...
Medien sind durch ihren Interessen und Konflikte repräsentierenden
Charakter signifikante Instrumente der Macht. Heute zählen Medienkonzerne
zu den wichtigsten und kapitalintensivsten Organen, in der die Vielfalt
bzw. Einfalt einer jeweiligen Medienlandschaft symptomatisch für
die politische Differenziertheit einer Gesellschaft ist. Charakteristisch
für die USA oder Europa ist heute nicht, ob und wie kritische Informationen
zensuriert werden, sondern interessant ist, wie der Spin der dominanten
Meinungsmaschinerien und die sie kritisierenden, attackierenden Gegeninformationsströme
koexistieren. Die vorherrschende Informationspolitik in den USA synchronisiert
sich mit dem Lauf der Ereignisse und der ideologischen Großwetterlage
im Weißen Haus und im Pentagon. So wird z. B. der Weltöffentlichkeit
zuerst erklärt, dass Saddam Hussein den Weltfrieden durch Massenvernichtungswaffen
gefährdet, eine präventive Kriegsdoktrin wird beschworen und
mit Hilfe von Massenvernichtungswaffen umgesetzt. Die militärische
Eroberung gelingt innerhalb weniger Tage, aber weder Saddam Hussein noch
irgendwelche Massenvernichtungswaffen sind auffindbar. Mit dem Wegfall
des Diktators, der seine Bevölkerung mit Hilfe und Mitwissen von
Europa und den USA über mehr als zwei Jahrzehnte unterdrückte
und dabei massenhaft foltern und ermorden ließ, entstehen Chaos
und nicht antizipierte Reaktionen: eine neues Heer von Selbstmordattentätern,
ein asymmetrischer Widerstand mit täglichen Überfällen
und Sabotageaktionen sind die Folge. Niemand ist sich seines Lebens sicher.
Irak wird genau zu jenem Land, vor dem diese gegenwärtige Administration
vor dem Krieg gewarnt hat: Unstabil, terrorisiertgeschüttelt, fundamentalistisch
radikalisiert und schwer regierbar. Hinter den Stadtguerillas und Saboteuren
wird wiederum Hussein vermutet, bis man ihn in einem Loch findet, verwirrt,
mehr oder weniger alleine, verkommen, von allen früheren Kontakten
abgeschnitten, ohne jegliche Kapazität, Widerstand organisieren zu
können. In Meinungsumfragen hat Husseins Gefangennahme derzeit die
Welt von George Bush wieder auf Vordermann gebracht. Alles scheint wieder
erneut unter Kontrolle zu sein. Selbst die diesen Irakkrieg ablehnenden
Deutschen und Franzosen zahlen heute und machen gute Miene zum bösen
Spiel. Das war der Stand im Dezember 2003.
Schlagzeilen
Die Nahost-Parabel Fabel geht weiter und die Tageszeitungen veralten innerhalb
von einem Tag. Im Internet werden Schlagzeilen, headline news, mit anhängenden
Artikeln schon innerhalb von Stunden ausgetauscht. Dabei ist zu beobachten,
dass das Internet-Portal Yahoo.com Unterhaltungsneuigkeiten länger
anbietet als weniger erfreuliche Nachrichten von erschossenen US-Soldaten
im Irak, deren Bestattungszeremonien in den USA aus wahlkampfstrategischen
und politischen Gründen nicht mediatisiert werden dürfen. Diese
Neuigkeiten verschwinden sehr schnell von den vielseitigen und in immer
neuen Gestalten auftretenden Benutzeroberflächen für headline
news. Schlagzeilen werden immer häufiger in das Stadt-, Transit-
und Mediendesign integriert. Politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche
und technologische News vermischen sich mit Werbung, Sport und Unterhaltung
und werden so Teil einer verwandelten Informationsumgebung, die mit Architektur,
Computern, Bildschirmen, Mobiltelefonen, Uhren, PDSs und anderen Technohilfen
intelligente Symbiosen eingehen. Das Mediendesign vieler Fernsehstationen
integriert ständig durchziehende Infostreifen, so wie viele Internetseiten
Schlagzeilen im Menüangebot haben. Ausschließlich auf Informationen
spezialisierte TV-Sender füllen die Bildschirme in Banken, Bahnhöfen,
Flugplätzen, U-Bahnen, Supermärkten und anderen urbanen Kreuzungspunkten.
Dafür verantwortlich sind die Informationsindustrie, die Marketingstrategien
und die Technologisierung, sprich Digitalisierung unserer Umwelt und Produkte.
Es braucht nicht viel Intuition, um zu erkennen, dass diese Iinformations
vermittelnden Möglichkeiten, politisch komplexe Sachverhalte auf
kurze ausgewählte schlagwortartige Überschriften reduzieren,
um sie sofort effizient um die Welt zu schicken, ein politisch nicht zu
unterschätzendes Manipulationsinstrumentarium darstellen. Man wird
permanent informiert, ohne wirklich etwas erklärt zu bekommen.
Information und Verantwortung
Informationen werden nicht nur wichtig, weil wir in einer Informationsgesellschaft
leben, sondern auch, weil die Welt technologisch so aufgerüstet ist,
dass alles jederzeit überall verfolgt und beobachtet, angerichtet
und korrigiert, ausgelöst und in seinen Konsequenzen erfasst werden
kann. Nicht nur ganze Industriezweige werden ans andere Ende der Welt
geschickt, sondern auch Dienstleistungen, die wir per Telefon gratis 24
Stunden lang erreichen können. Das alles macht es wiederum schwer,
das vermeidbare Elend eines großen Teils der Menschheit zu ignorieren.
Politische Ungerechtigkeiten, schwerwiegende Verstöße gegen
Menschenrechte, wirtschaftliche Ausbeutung und undemokratische Gesellschaftsverhältnisse
sind heute schwerer zu ignorieren und zu rechtfertigen als zu Zeiten,
in denen Menschen, Waren, Informationen, Kapital, Götter und Krankheiten
weniger schnell und problemlos in der die Welt zirkulierten. Es wird immer
unverzeihlicher, wenn Armut und Krankheit (z. B. Aids), politischer Terror
und Ausbeutung jeglicher Form ignoriert werden. Jeder kann heute davon
relativ einfach Notiz nehmen. Auf internationalen Weltwirtschaftskonferenzen
wird nicht mehr diskutiert, wie man eine früher als unterentwickelte,
selbst verschuldete, in rassistischen Euro- und US-zentristischen Kategorien
gedachte Armut verhindern kann, sondern wie man diskriminierende Handelsprivilegien,
ungerechte Schutz- und Subventionspolitiken verhindern oder lindern kann,
ohne selbst Opfer des eigenen Ausbeutungserfolges zu werden. Globale Gerechtigkeit
global justice ist das entscheidende Schlagwort für
eine Veränderung. Durch das ständige Exportieren von Arbeit
und Dienstleistungen in Billigländer und das Zerstören von lokalen
und regionalen Wirtschaftsgleichgewichten durch Handelsketten und deren
Preiskriege werden auch in den reichsten Ländern der Welt rücksichtslos
Nischen von wirtschaftlichem und sozialem Elend erzeugt, die sich bei
entsprechender Konzentration wieder ausbeuten lassen.
Medienrecycling
Wie schon während des Afghanistankriegs fotografierte ich Medienbilder
der Irakkrise vom US-Fernseher und legte ein Kriegsarchiv an. Neben dem
politisch aufgeladenen Inhalt dieser Bilder interessieren mich die Art
und Weise, wie diese News visuell aufgearbeitet sind: Bildtextüberschriften
AMERICA STRIKES BACK diverse Untertitel, unzusammenhängende
Lauftexte mit Schlagzeilen und Parallelinformationen, medienspezifischen
Informationen LIVE, VIDEO PHONE, CNN, FOX NEWS
Werbeelemente, TV-Logos usw. das alles findet sich komprimiert
und überlagert in den Bildern der Kriegsberichterstattung. Die Mediendesigner
in den Fernsehstudios wussten die mitunter vom Pentagon vorgegebenen schlagwortartigen
zynischen Titel COUNTDOWN IRAQ, SHOCK AND AWE, OPERATION IRAQI
FREEDOM, DESERT SCORPION bildlich effektiv aufzubereiten. Dieses
Material unterstreicht graphisch und verkürzt die Reportagen und
grenzt oft daran, dem Kriegsgeschehen jubelnd zuzustimmen cheerleading
und es affirmativ zu rechtfertigen. Sogenannte embedded reporters,
also mit den US-Panzern mitreisende US-Kriegsberichterstatter können
schwerlich eine andere Perspektive als die der Interventionsmacht repräsentieren.
Neben der Zentralperspektive der Amerikaner wurden nur wenige irakische
Reaktionen durch die Optik dieser US-Medienschnittstellen präsentiert.
Diese Einseitigkeit brachte mich schon in der Auseinandersetzung mit dem
Medienmaterial des Afghanistankrieges auf die Idee, mich um die Meinungen
der GegenKonfliktpartei zu bemühen. Eine Serie von Stickereiarbeiten
entstand mit dem Titel Afghanische Dialoge, die sich an einer
Art Meinungsumfragenprinzip orientiert: Die Stickereiarbeiter wurden gebeten,
ihre Meinungen zum abgebildeten Medienmaterial in Ihrer Sprache frei nach
Belieben in die Arbeiten einzufügen. Anstoß zu diesen Arbeiten
waren die Bombardments von Afghanistan, die mich auch an die Sticker von
Aligieri Boetti denken liessen.Irak Dialoge
Während der Zuspitzung zum Irakkrieg bot sich mir wie schon mit denmn
Afghani Dialogen ein Was-denken-Sie-Prinzip mit
der Bezeichnung Irak Dialoge an. Das Ausgangsmaterial waren
die TV-Bilder zum Irakkonflikt, die ich in einer Internetdiaschau unter
dem Titel My private war archive (www.thing.net/iraq) zusammengetragen
habe. Ausgewählte Interface-Segmente SHOWDOWN IRAQ, WOULD
U.S. USE NUKES? dieses Medienmaterials diente als Vorlage zum Dialog
mit in Europa lebenden Irakern. Zur Umsetzung entschied ich mich für
keramische Fliesen, wie sie im Arabischen Raum oft Verwendung finden.
Es gelang mir, über nahezu ein Jahr mit verschiedenen Irakern in
mehreren Städten Europas einen produktiven Meinungsaustausch zu führen,
der dann mit der Hilfe von Kunstinstitutionen materialisiert
werden konnte. Die Logos und Schlagzeilen als auch die kalligraphischen
Reaktionen wurden mit der Hilfe von Assistenten auf Fliesen gemalt, glasiert
und in Öfen gebrannt. Dieses extrem zeitbeständige, aber dennoch
relativ fragile Material teilt etwas von der Qualität von Steinen
als auch von Glasbildschirmen. Keramische Fliesen lassen deshalb diverse
historische, kunstgeschichtliche wie auch politische Assoziationen zu.
Binan Finjan und Ahmet Baban waren meine in, bzw. in der Nähe von
Bremen lebenden irakischen Dialogpartner für das Ausstellungsprojekt
Niemand ist eine Insel. Binan Finjan und seine Familie kamen
1992 von Bagdad unter abenteuerlichen Bedingungen über die grüne
Grenze nach Deutschland. Seine Familie und er gehören der sehr
kleinen christlichen Minderheit der Mandäer an. Einige Familienmitglieder
wurden durch das Husseinregime terrorisiert und ein Onkel wurde aus politischen
Gründen ermordet. Ahmet Baban stammt aus der irakischen Stadt Mosel
und kam 1982 in der Folge des Irak-Iran-Krieges nach Deutschland in der
Folge des Irak-Iran-Krieges. Er ist irakischer Kurde und arbeitet heute
als Sozialarbeiter in Bremen. Das schreckliche Schicksal der irakischen
Kurden, die Massentötungen unter Saddam Hussein erlitten, ist mittlerweile
weithin bekannt. Interviews mit beiden Dialogpartnern finden sich auf
der entsprechenden Webseite zur Ausstellung (www.ganahl.info/gak.html).
Die Vorbereitungsarbeiten von Ahmet Baban wurden schon vor dem Ausbruch
des Krieges abgeschlossen und mit dem Beginn des Krieg nicht mehr verändert.
Der Dialog mit Binan Finjan hat sich unmittelbar in die offizielle Nachkriegsphase
verlegt, was es uns erlaubte, konfliktspezifisches Medienmaterial zeitgemäß
bis auf wenige Stunden vor dem Treffen als Vorlage zum Schreiben zu wählen.
Historiographie
Das Reagieren auf Schlagzeilen im Kontext des Irakkriegs war für
alle Dialogpartner nicht einfach. Die Vorkriegs- und Kriegssituation erzeugte
in etlichen mit mir zusammen arbeitenden Irakern Ängste und Stress.
Bis auf eine beteiligte Person lehnten alle meine über ganz Europa
verstreuten Dialogpartner für dieses Projekt den Diktator Saddam
Hussein ab, weil sie unter ihm litten. Dennoch war der Krieg und die Ungewissheit
für sie sehr beängstigend und chaotisch, weil alle Beteiligten
noch Familienangehörige oder Freunde im Irak haben und die Kommunikation
für Wochen unmöglich wurde. Dazu kam auch der ständige
Wechsel der Situation mit der darauf sich verändernden Berichterstattung.
Es ist beachtlich, wie sich unsere Meinungen im Laufe des Geschehens sich
dem Flux der Dinge anpassen und durch die Medienberichterstattung konditioniert
werden. Mein Interesse an diesem Projekt liegt gerade im Fixieren von
zeitgeschichtlichen Augenblicken und dem Versuch, Geschichtsschreibung
teilweise selber in die Hand zu nehmen. Das Zusammenbringen von offiziellen,
die Weltöffentlichkeit konditionierenden Informationen mit den Meinungen
von individuellen Einzelpositionen, die de facto keine Politiker oder
Historiker interessieren, skizziert für mich eine Alternative zur
herkömmlichen Historiographie. Die so entstandenen künstlerischen
Arbeiten lassen sich deshalb mit querulanter Ironie auch auf den kunstgeschichtlichen
Kanon der Historienmalerei projizieren. Im Gegensatz Unterschiedlich zu
der Großzahl der die Museen füllenden Historienbilder sind
es hier die sogenannten Leute des Volkes, die die Stimmen der Macht zum
Rahmen für ihr eigenes Zurück-Schreiben verwenden.
Asymmetrie und Anachronismus
Mittlerweile hat der Strom der Ereignisse und Neuigkeiten diese dialogischen
Zeitaufnahmen wieder asynchronisiert. Die Konfliktkonstellation hat sich
verändert, die Legitimationszusammenhänge sind verschoben und
die Öffentlichkeitsmeinungen haben ihre Kurse gewechselt. Gesichtspunkte
und Meinungen können sich so sehr entrücken, dass Überzeugungen,
die einen Moment gelten, im nächsten kaum mehr nachvollziehbar erscheinen.
Die fast absolute Asymmetrie zwischen der Macht der mit dem Militär
mitreisenden Fernsehberichterstattungsmaschinerie und der Meinung der
Exiliraker entspricht dem Anachronismus, der naturgemäß entsteht,
wenn man sich politischen Neuigkeiten zuwendet. Diese verrückte Unzeitlichkeit
(besser: verschobene Zeitlichkeit) in meinen Arbeiten mit politischem
Zeitgeschehen ist für mich nicht disqualifizierend, sondern gerade
die mit Wahrheitsansprüchen ausgerüstete Rechtfertigung für
die in Keramiken gebrannte Versteinerung von politischen Meinungen
und Gegen-Meinungen.
Die Beiträge der Dialogpartner auf das mitunter aggressiv, zynisch,
arrogant und bedrohlich wirkende Medienmaterial NEXT TARGET?, etc.
wurden in keiner Weise von mir beeinflusst oder zensuriert. Ich
teile auch deshalb nicht automatisch die Meinungen meiner diversen, nicht
nur auf Bremen beschränkten Dialogpartner für dieses idiosynkratische,
künstlerische Meinungsumfrageprojekt. Nur in sehr wenigen
Fällen wurden mir Resultate beschert, die anti-semitisch oder hasserzeugend
anti-amerikanisch waren. Diese wenigen Reaktionen wurden von mir nicht
mehr weiterverarbeitet, sondern verbleiben im Archiv. Mein Irak
Dialoge Projekt Irak Dialoge ist nicht als Plattform
für Anti-Amerikanismus konzipiert, sondern als ein Forum, das alternative
Meinungen mit den rekontextualisierten Medienstimmen der kriegsführenden
Macht zusammenbringt, konserviert und in eine ästhetische Form überführt.
In Bremen wurden mehrere dieser auf keramische Fliesen gebrannten Dialogarbeiten
direkt im öffentlichen Raum angebracht. Das Anbringen dieser Tafeln
hatte uns einige frustrierende Überraschungen eingebracht, darunter
auch eine Ablehnung, die explizit sich mit der arabischen Schrift begründete.
Heute werden diese im Stadtraum angebrachten Arbeiten teilweise
mit Graffitis weiter geschrieben. Das Zeitgeschehen schreibt
sie ebenfalls weiter.
Die Ausstellung
In der Ausstellung in Bremen wurden neben den Irakischen Dialogen
und den Afghanischen Dialogen auch noch weitere Projekte vorgestellt.
Und was denken Sie besteht aus einer Reihe von Arbeiten auf
Papier, die die Besucher der Ausstellung selber zur Stellungsnahme gegenüber
den diversen Nahostschlagzeilen einlud. Interessanterweise wurde diese
Möglichkeit der schriftlichen und graphischen Reaktion nur zögernd
wahrgenommen. Eine mit Kugelschreibern ausgeführte Zeichenserie orientiert
sich an den ideosynkratischen Redewendungen von George W. Bush, der Nomenklatur
seiner bellistischen Administration und den dramatischen Vorfällen
dieser Regierungsperiode: Axis of Evil, Operation Enduring Freedom, Homeland
Security, 9/11, Al Queda, Patriot Act, Old Europe, Freedom Fries usw.
Diese im Style von Alegieri Boettis Kriegsflugzeuge ausgeführten
Kugelschreiberzeichnungen dienten weiters als Vorlage für eine Serie
von selbstgemachten 80 US cents Briefmarken, die ich von New York nach
Bremen zur Ausstellung verschickt habe. Zu unserem Erstaunen ist die Mehrzahl
der Postkarten mit diesen illegalen Postzeichen angekommen. Um mich an
dieser Stelle von legalen Konsequenzen zu schützen, muss ich trotz
der Abbildung meine selbstbeschuldigenden Aussagen relativieren und auf
die Möglichkeit einer computerunterstützten Lüge hinweisen.
Ich lasse also den Leser und Betrachter selber entscheiden, ob die hier
abgebildeten und so beschriebenen Briefmarken jemals wirklich von der
Post bearbeitet wurden. Briefmarkenfälschung kann in den USA bis
zu fünf Jahren Haftstrafe einbringen, eine Option, die man sich besser
genauer überlegt in Anbetracht von Photoshop.
Seminars/Lectures ist eine 1995 begonnene Fotoserie von Universitätsprofessoren,
Vortragenden und deren Hörer und Zuhörer. Die Teilnahme an einem
Seminar von Edward Said als freier Hörer an der Columbia University
mit dem Titel The representation of Intellectuals hat mich
zu dieser forlaufenden Arbeit inspiriert. Der mittlerweile verstorbene
Edward Said hat in vielen Studien aufgezeigt, wie die Repräsentation
des (Nahen) Ostens und der Araber in Literatur, Wissenschaft, und Kunst
über Jahrhunderte mithalfen, stereotype Bilder zu schaffen, die der
Westen für sein Selbstverständnis und seine Politik ausnutzen
konnte. Bis heute dominieren diese über lange Zeit entstandenen Vorstellungen
die Politik und Medienlandschaft. Die hier ausgewählten Fotos der
Veranstaltung Daniel Barenboim, Edward Said, Music and Society,
moderator, Michael Kimmelman, The New School, New York, 10/1/02
zeigen den in Palestina geborenen Akademiker mit dem israelischen Dirigenten
Daniel Barnboim bei der gemeinsamen Vorstellung eines Sommermusikprogramms,
das versucht, junge israelische und arabische Talente zusammen zu unterrichten
und einander näher zu bringen. Die Veranstaltungen Mohammed
H. Allafi , Islamische Kultur und Modernismus Zur Rolle der Migranten
und säkularen Intellektuellen beim Aufbau einer Zivilgesellschaft
im Vorderen Orient, Universität Frankfurt, Frankfurt, 1/26/2000
und Hamid Dabashi, Assia Djebar, Azar Nafisi, Orhan Pamuk, Moderator:
Farhad Kazemi, Islam, the public and the private spheres, Session V. Representations
of Privacy in Literature and Film: case Studies, New School University,
New York, 12/7/02 sind ebenfalls mit ähnlichen Fragen der interkulturellen
Repräsentation beschäftigt. Klaus Theweleits Vortrag Playstation
Cordoba/Yugoslavia/Afghanistan etc.- A war model, Klemens Gasser &
Tanja Grunert Gallery, New York, 10/9/02 thematisiert den Krieg
und Zeinab Eyega in ihrem Vortrag Female Circumcision , Female Genital
Mutilation, A Health & Human Rights Issue for Girls and Women, Columbia
University, New York 2/25/1997 das Problem der genitalen Zerstümmelung
aus kulturellen und religiösen Gründen.
Wissen und Macht spielen auch eine Rolle in der Einschätzung von
Sprachen. Seit 1990 integriere ich das fortlaufende Erlernen von diversen
Fremdsprachen Japanisch, Koreanisch, Neugriechisch, Russisch, Chinesisch
- in meine Tätigkeit als Künstler. In 2002 begann ich mit der
Arbeit My First 500 Hours Basic Arabic, - 500 Stunden Video
auf 250 VHS Kassetten die ich auch in Bremen mit Hilfe von Jamal
el Allouki weiterführen konnte. Die verschiedenen Besuche in Bremen
während der Vorbereitungszeit zur Ausstellung nützte ich auch,
um mit Interessierten eine kleine Auswahl von Frantz Fanon Texten gemeisam
zu lesen und zu diskutieren. Das gemeinsame Lesen und diskutieren von
Texten ist ebenfalls integraler Teil meiner künstlerischen Praxis
seit 1994, die in diversen Projekten Karl Marx Lesen,
Leggere Antonio Gramsci, Frantz Fanon Lesen usw..
in den Ausstellungszusammenhang eingebracht werden können.
Frantz Fanon war ein aus Martinique stammender und im Frankreich der Nachkriegsjahre
ausgebildeter Theoretiker und Psychiater, der bis zu seinem frühzeitigen
Tod sich mit kolonialen und postkolonialen Fragen der Selbstbestimmung
und Befreiung auseinandergesetzt hat u. a. Die Verdammten
der Welt, Schwarze Haut, weiße Masken. Fanon hat
sich auch immer wieder kritischen Fragen der Funktion von Intellektuellen,
der Gewaltanwendung und der Selbstkritik gestellt.
Der Schritt vom Zeitungsleser zum Zeitungskopisten drängte sich mir
durch die Dramatik der fatalen Ereignisse im Nahen Osten auf. Der erste
Artikel war ein New York Times Portrait eines jungen talentierten britischen
Studenten der London School of Economics, der zum Al Kaida Terroristen
sich verwandelte. Mit der Zuspitzung in der Irakkriese entstand die Idee,
jeden Irakartikel der New York Times zu diesem anbahnenden Konflikt zu
kopieren: das Projekt scheiterte recht bald an der Fülle der Berichte
und der faktischen Unmöglichkeit, mit dem Zeit/ungs/geschehen als
minutiöser Kopist mitzuhalten. Eine Auswahl der im Sommer 2002 entstandenen
ersten mit dünner Tinte auf Pergamentpapier durchgepausten Artikel
ist in der Ausstellung zu sehen.
Am Tag der Anreise stieß ich auf ein interessantes Interview in
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Alain Finkelkraut mit dem Titel,
Feind aus besten Absichten, Antisemitismus im Wandel (12.
November 2003). Ich entschied mich auch gleich dazu, diesen Artikel ebenfalls
zu kopieren und in die Ausstellung zu integrieren, da Finkelkraut in sehr
dramatischer Art in den meisten Formen von USA -, Scharon- und Globalisierungskritik
Antisemitismus vermutet: Die Globalisierungsgegner predigen keinen
primitiven Judenhass. Aber die rituelle Diabolisierung der Vereinigten
Staaten und Israels zeigt, daß in ihren Köpfen die Vorstellung
einer internationalen Verschwörung vorherrscht als ob der
Prozeß der Globalsierung von einem Komplott in der Welt gesetzt
worden wäre. .... Es ist den Altermondialisten gelungen, den kritischen
Diskurs über die Globalisierung zu monopolisieren. Ich halte das
für die große Katastrophe unserer Zeit. Sie akzeptieren einen
Antisemitismus, von dem sie glauben, dass er die neuen Verdammten dieser
Erde verteidigt. .... Gefährlich ist der Antisemitismus der Wachsamen,
der Antifaschisten. Er hat , so fürchte ich, bei den Globalisierungsgegnern
eine große Zukunft vor sich. .... Die Linksradikalen bekämpfen
ihn nicht, sie finden Argumente zu seiner Entschuldigung. Um ihn zu entschuldigen,
ja zu rechtfertigen, wurde das unglaubliche Konzept der Islamophobie
geschaffen. Antiarabischen Rassismus muß man bekämpfen. Aber
die Islamophobie ist etwas völllig anderes. Das Ziel
der Begriffsprägung ist, jede Kritik am Islam als rassistisch erscheinen
zu lassen. Ich stimme Finkelkraut in vielen Punkten zu, weil ich
auch selber zu meinem Erschrecken immer wieder Globalisierungs- und Kriegsgegner
antreffe, die mit beängstigenden antisemitischen und chauvenistischen
Stereotypen argumentieren. Ich möchte aber hinzufügen, dass
es wichtig ist, die internationale Kriegsindustrie, soziale und economische
Ungerechtigkeit, - global injustice - rassistische und religiöse
Diskriminationen und Intolleranz jeder Art zu kritisieren und zur Korrektur
zu zwingen.
Rainer Ganahl, Dezember 2003, www.ganahl.info
Refined Information and Petrified
Politics
The News
Every day, we are confronted with an endless flow of political information.
We, the average inhabitants of the so-called developed world, have learned
to deal with that circumstance; we have developed defence mechanisms that
allow us to absorb information about other peoples disasters and
wars in a relatively neutral manner, i.e. without consequences for ourselves.
When, however, the interests of our economic order are involved, or countries
with which we have closer relationships for one reason or another, the
abstraction disappears and we are personally affected. The populations
of metropolises all over the world are undergoing changes of profile in
connection with the globalisation of markets, capital and work. As a result,
it is increasingly difficult to make clear distinctions between here
and there, we and they. Information
is disseminated by way of the electronic media in a matter of seconds,
and we seem to be accordingly all the more vulnerable to the impact of
remote events.
For Example Iraq
Due to their capacity to represent interests and conflicts, the media
are significant instruments of power. Media corporations are among the
worlds most important and most capital-intensive institutions. The
relative diversity of a media landscape is symptomatic of the respective
societys political diversity. The USA and Europe are characterised
today not by whether and how critical information is censored. What is
of interest, rather, is how the dominant machineries of opinion formation
coexist with the streams of critical counter-information. In the U.S.,
the mainstream information is spread in synchrony with the course of events
and the overall ideological atmosphere in the White House and the Pentagon.
Initially, for example, the world is informed that Saddam Hussein is endangering
world peace through his possession of weapons of mass destruction, then
a preventive war doctrine is invoked and put into practice with the help
of weapons of mass destruction. Military conquest is achieved within a
few days, but neither Saddam Hussein nor his weapons of mass destruction
are anywhere to be found. A dictatorship which with the aid and
cognisance of Europe and the U.S. has tyrannised the people for
more than two decades, subjecting it to mass torture and murder in the
process, practically ceases to exist. In his absence, chaos and unanticipated
reactions ensue, resulting in a new army of suicide bombers and a form
of asymmetrical resistance characterised by daily assaults and acts of
sabotage. No one can be sure of his or her life. Iraq becomes the very
country the present administration was warning us about before the war:
unstable, terrorised, fundmentalistically radical and difficult to govern.
Saddam Hussein is presumed to be the force behind the urban guerrillas
and saboteurs until he is found in a hole, confused, more or less alone,
wretched, cut off from all former contacts, entirely incapable of organising
resistance. According to the opinion polls, Husseins capture has
restored the world of George Bush to its former glory. Everything seems
to be under control again. Even the war-opposing Germans and French are
now making their financial contributions and grinning and bearing the
present state of affairs.
Headlines
Newspapers become obsolete within a day. Internet headlines and the articles
attached to them are replaced within hours. A closer look reveals that
the Internet portal yahoo.com, for example, displays news items from the
world of entertainment longer than the less agreeable ones about U.S.
soldiers killed in Iraq. That type of topic is quick to disappear from
the multifarious, frequently redesigned user surfaces. Headlines are being
increasingly integrated into urban, transit and media design. Political,
social, economic and technological news blends with advertising, sports
and entertainment to form
a new information environment that enters into intelligent symbioses with
architecture, computers, screens, mobile phones, watches, PDAs and other
techno-aids. Many a television station integrates a constantly running
info banner into its surface design, while Internet sites offer headlines
as click-on items in their menus. Television stations specialising exclusively
in information fill screens in banks, train stations, airports, subway
stations, supermarkets. It does not require much intuition to realise
that the means used to transmit that information represent an entire array
of manipulation instruments whose political implications are not to be
underestimated.
Information and Responsibility
Information has not only become important because we live in an information
society, but also because the world is technically equipped so that, constantly
and universally, everything can be pursued and observed, brought about
and corrected, triggered and grasped in all its consequences. This is
a state of affairs that makes it difficult for us to ignore the miserable
conditions to which a large proportion of humanity is subjected. These
days, political injustice, grave violations of human rights, economic
exploitation and undemocratic societal structures are harder to ignore
and justify than they were back in the times when people, merchandise,
information, capital, gods and diseases could not be circulated to the
far corners of the earth as quickly and easily. It is becoming increasingly
inexcusable to ignore poverty and disease (e.g. Aids), political terror
and exploitation of every kind. In todays world, it takes no great
effort to be aware of these things. The participants of international
conferences on the global economy no longer discuss what can be done to
avoid poverty of the kind formerly conceived of in Euro- and Americentric
terms as something brought upon the victims by themselves, but rather
how discriminatory trade privileges and unjust protection and subsidisation
policies can be avoided or made less burdensome without the initiators
becoming victims of their own exploitation successes. Global justice
has become the decisive catchword for change.
Media Recycling
As I had done during the war in Afghanistan, I photographed U.S. television
images of the Iraq crisis and set up a war archive. I was interested not
only in the politically charged content of these images, but also in the
manner in which they had been visually processed. Headings AMERICA
STRIKES BACK , various subtitles, moving texts containing headlines
on entirely unrelated topics, parallel information, media-specific information
LIVE, VIDEO PHONE, CNN, FOX NEWS advertising, TV logos,
etc.: All of these elements were to be found in condensed, superimposed
form in the images illustrating the news coverage of the war. The media
designers in the TV studios were quite adept at visually processing the
cynical, slogan-like titles supplied to some extent by the Pentagon itself
COUNTDOWN IRAQ, SHOCK AND AWE, OPERATION IRAQI FREEDOM, DESERT
SCORPION. This material graphically emphasised the news coverage, at the
same time reducing it, while affirming and justifying the war events in
a manner strongly reminiscent of cheerleading. In the isolated cases in
which the American perspective was accompanied by coverage of Iraqi reactions,
the latter was again presented through the optic filter of the American
media interfaces. Already during my work with the media material on the
war in Afghanistan, it was this one-sidedness which had led me to investigate
the opinions of the opposing side. A series of embroidery works emerged
in this connection, bearing the title Afghanistan Dialogs
and based on the principle of the opinion poll. The embroidery workers
were asked to incorporate their comments on the media material illustrated
in the images in any way they pleased, using their own language. The impulse
for these works had been provided by the bombardment of Afghanistan, which
reminded me of Alighiero e Boettis embroidery workers.
Iraq Dialogs
As the pre-Iraq-war tension was building up, the same What-do-you-think?
concept that had been at the basis of my Afghani Dialogs presented itself
to me for the production of what I call the Iraq Dialogs. As a point of
departure, I assembled television images on the Iraq conflict in an Internet
slide show entitled My private war archive (www.thing.net/iraq). Selected
interface segments of this media material SHOWDOWN IRAQ, WOULD
U.S. USE NUKES? served as the basis for dialogs with Iraqis living
in Europe. As a medium on which to present the results, I decided in favour
of ceramic tiles of the kind often used in Arab countries. Over a period
of nearly a year, I succeeded in conducting a productive exchange of opinions
with Iraqis living in various cities of Europe, and was able to materialise
it with the aid of art institutions. Assistants painted the logos and
headlines as well as the calligraphic reactions onto tiles which were
glazed and fired. A material extremely resistant to aging but nevertheless
fragile, ceramic tiles have a quality in common with stones on the one
hand and glass screens on the other. They are therefore capable of evoking
a range of historical, art-historical and political associations. Binan
Finjan and Ahmet Baban were my Iraqi dialog partners in Bremen. Finjan
and his family came from Baghdad in 1992, crossing the green border
into Germany under adventurous circumstances. The Finjans are members
of a very small Christian minority in Iraq called the Mandeans. Several
members of their family were terrorised by the Hussein regime and one
uncle was killed for political reasons. A native of the Iraqi town of
Mosel, Ahmet Baban came to Germany in 1982 in the wake of the war with
Iran. This Iraqi Kurd is now a social worker in Bremen. The terrible fate
of the Iraqi Kurds under Saddam Hussein is now well known. The interviews
with the two dialog partners are to be found on the exhibition website
(www.ganahl.info/gak.html). Ahmet Babans preparatory work had already
been concluded before the war. The meeting with Binan Finjan took place
at the very beginning of the official post-war phase.
Historiography
It was not easy for any of the participants to react to the headlines
pertaining to the war in Iraq. The situation before and during the war
brought about anxiety and stress for many of the Iraqis who had agreed
to work with me. With a single exception, all of my dialog partners
who were scattered throughout Europe were opposed to Saddam Hussein.
The war and the accompanying uncertainty were terrifying for them, as
they all had family members and/or friends in Iraq with whom they could
not communicate for weeks. The circumstances were further aggravated by
the constantly changing situation and news coverage. It is remarkable
how our opinions adapt to the events as they unfold and are conditioned
by the media coverage. My concern is to put my finger on specific moments
and, to an extent, to take historiography into my own hands. The practise
of juxtaposing official information designed to condition the global public
with the individual opinions that are of no interest to any politician
or historian seems to me to offer an alternative approach to traditional
historiography. With a querulous sense of irony, the artworks thus produced
can even be projected onto the art-historical genre of history painting.
As opposed to the museum-filling history pictures, here it is the so-called
voice of the people which uses the voice of power as a framework for its
own historiography.
Asymmetry and Anachronism
In the meantime the constellation of conflicts has changed, the legitimation
context has shifted and the opinions of the public have taken a new direction.
Points of view and opinions can become so far removed that convictions
valid one minute can hardly be fathomed the next. There is an asymmetry
between the power of the television news coverage machinery en route with
the military and the opinions of Iraqis in exile. This discrepancy corresponds
to the anachronism that automatically ensues when political news become
subject of artistic work. This shifted, removed, dislocated achronology
does not disqualify the works I have produced in connection with contemporary
political events, but rather serves as a truth-claiming justification
for the firing and petrification of political opinions and
counter-opinions in ceramic tiles. The reactions of my dialog partners
to the occasionally quite aggressive, cynical, and threatening media material
NEXT TARGET?, etc. were not influenced or censored by me
in any way. I would also like to point out that I do not automatically
share the opinion of my various dialog partners in this idiosyncratic,
artistic poll-taking project.
In only very few cases were the results anti-Semitic or anti-American.
These cases were not further processed. My project Iraq Dialogs
is not intended as a platform for anti-Americanism but as a forum in which
alternative opinions and the recontextualised media voices of the war-conducting
power are juxtaposed, preserved and aesthetically realised. In Bremen
several of the dialog-bearing ceramic tiles were put on long term display
in the public realm. We encountered several frustrating surprises in the
process, including rejection, explicitly on account of the Arabic calligraphy.
Now the writing of these works is being continued by graffiti
as well as by the constant unfolding of current events.
The Exhibition
In the exhibition at the Gesellschaft für Aktuelle Kunst, the Iraq
Dialogs and the Afghanistan Dialogs were shown along
with other projects. Und was denken Sie (and what do you think)
consists of a series of works on paper inviting the exhibition visitors
to comment on various headlines referring to the Middle East. Interestingly,
the visitors took only hesitant advantage of this forum for written and
graphic response. The series of ballpoint pen drawings alludes to George
W. Bushs idiosyncratic expressions, the nomenclature of his warmongering
administration and the dramatic events taking place within his first term
of office: Axis of Evil, Operation Enduring Freedom,
Homeland Security, 9/11, Al Qaeda,
Patriot Act, Old Europe, Freedom Fries,
etc. Executed in a manner reminiscent of Alighiero e Boettis warplanes,
these drawings also served as the basis for a series of self-made 80¢
postage stamps which I sent from New York to the exhibition in Bremen.
To our amazement, the majority of postcards bearing these illegal stamps
arrived at their destination. Despite the illustration, I am compelled
to protect myself from legal consequences by modifying my self-incriminating
statements and referring to the possibility of a computer-aided lie. In
other words, I leave it to the reader and spectator to decide whether
the postage stamps were ever actually processed by the post office, as
claimed in the illustration caption. Postage stamp forgery is a felony
punishable by up to five years in prison in the U.S., an option that should
be well-considered in view of the possibilities offered by Photoshop.
Seminars/Lectures, begun in 1995, is a series of photos of
university professors and lecturers and their audiences. My attendance
of a seminar entitled The Representation of Intellectuals
held by Edward Said at Columbia University is what originally inspired
me to undertake this work-in-progress. In numerous studies, the late Edward
Said pointed out that the representation of the (Middle) East and the
Arabs in literature, science and art in the course of the centuries has
contributed to the formation of stereotypes of which the West has availed
itself to underpin its own self-image and politics. Having evolved over
a very long period of time, these conceptions are still strongly dominant
in politics and the media landscape today. The photos captioned Daniel
Barenboim, Edward Said, Music and Society, moderator, Michael Kimmelman,
The New School, New York, 10/1/02 show the Palestinian-born scholar
with the Israeli conductor Daniel Barenboim, jointly introducing a summer
music programme at which young Israeli and Arab talents were to come together
to receive instruction and get acquainted. Mohammed H. Allafi, Islamische
Kultur und Modernismus Zur Rolle der Migranten und säkularen
Intellektuellen beim Aufbau einer Zivilgesellschaft im Vorderen Orient,
Universität Frankfurt, Frankfurt, 1/26/2000 and Hamid
Dabashi, Assia Djebar, Azar Nafisi, Orhan Pamuk, Moderator: Farhad Kazemi,
Islam, The Public and the Private Spheres, Session V. Representations
of Privacy in Literature and Film: Case Studies, New School University,
New York, 12/7/02 were talks revolving around similar issues of
intercultural representation. Klaus Theweleits lecture Playstation
Cordoba/Yugoslavia/Afghanistan etc. A war model, Klemens Gasser
& Tanja Grunert Gallery, New York, 10/9/02 focused on the subject
of war, while Zeinab Eyega examined the problems related to the circumcision
of the female genitals for cultural and religious reasons in "Female
Circumcision, Female Genital Mutilation, A Health & Human Rights Issue
for Girls and Women, Columbia University, New York 2/25/1997.
Knowledge and power also play a role in the evaluation of languages. I
have been integrating the continual process of learning languages
Japanese, Korean, Modern Greek, Russian and Chinese into my artistic
activities since 1990. In 2002 I began my work My First 500 Hours
Basic Arabic, 500 videotaped hours on 250 VHS cassettes, which I
was able to continue in Bremen with the help of Jamal el Allouki. I also
used my various exhibition preparation sojourns in Bremen to read and
discuss a small selection of texts by Frantz Fanon with a group of interested
persons. Reading and discussion has likewise been an integral aspect of
my artistic practise since 1994, and one that is also incorporable into
the exhibition context, as in the case of the projects Karl Marx
Lesen, Leggere Antonio Gramsci, Frantz Fanon Lesen,
etc. Frantz Fanon was a native of Martinique who received his education
as a theoretician and psychiatrist in post-war France. Until his untimely
death, he was preoccupied with colonial and post-colonial issues of self-determination
and liberation, particularly in The Wretched of the Earth and Black Skin,
White Masks. Self-criticism, the function of intellectuals and the use
of violence are further recurring themes in Fanons work.
The drama of the fatal events taking place in the Middle East brought
about my evolution from a newspaper reader to a newspaper copyist. The
first article I copied was a New York Times portrait of a talented young
of London School of Economics student who became an Al Qaeda terrorist.
As the gravity of the Iraq crisis increased, I conceived the idea of copying
every New York Times article concerned with the impending conflict. My
plan was soon thwarted by the great abundance of newspaper reports and
the sheer impossibility of keeping up with the events of the Times
as a letter-by-letter copyist. A selection the first articles, traced
on parchment with a fine pen in the summer of 2002, is on display in the
exhibition.
On the day of my arrival I came across an interesting interview with Alain
Finkielkraut in the Frankfurter Allgemeine Zeitung entitled Feind
aus besten Absichten, Antisemitismus im Wandel (enemy with the best
intentions, anti-Semitism and how it is changing; Nov. 12, 2003). I decided
to copy this article and include it in the exhibition as well. Finkielkraut
surmises that most criticism of the U.S., Sharon and globalisation is
strongly informed by anti-Semitism: The opponents of globalisation
do not preach primitive Jew-hatred. But the ritual diabolisation of the
United States and Israel shows that they operate under the assumption
of an international plot as though the process of globalisation
had been planted in the world by a conspiracy.
The altermondialists
have succeeded in monopolising the critical discourse on globalisation.
I regard this to be the great calamity of our times. They accept a form
of anti-Semitism which they believe defends the new reprobates of the
earth.
The anti-Semitism of the vigilantist antifascists is particularly
dangerous. I fear it has a great future in the hands of the anti-globalisationists.
Rather than opposing it, the left-wing radicals find arguments
for excusing it. The term Islamophobia was invented as a means
of doing just that or, indeed, of justifying it. Anti-Arabic racism must
be combated. But Islamophobia is something entirely different.
The purpose of this coinage is to make every critique of Islam appear
racist. I agree with Finkielkraut on many counts, because again
and again I have encountered to my horror globalisation opponents
and pacifists who make use of frighteningly anti-Semitic and chauvinist
stereotypes to defend their points of view. I would like to add, however,
that it is important to criticize the international war industry, social
and economic injustice, racial and religious discrimination and intolerance
of every kind, and to force their rectification.
Rainer Ganahl, December 2003, www.ganahl.info
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